Verfallen wir nicht in den Fehler, bei jedem Andersmeinenden entweder an seinem Verstand oder an seinem guten Willen zu zweifeln.

Otto von Bismarck (1. Reichskanzler des Deutschen Reiches von 1871–1890)

Es ist wichtig, dass Menschen mit unterschiedlichen Ansichten zu Politik und Gesellschaft untereinander im Gespräch bleiben. Nichts anderes soll der PalaverPlatz sein: Eine Möglichkeit, sich persönlich auszutauschen, die Sichtweise anderer Menschen kennenzulernen und Verständnis für andere Meinungen zu entwickeln. Aber nicht als akademische Diskussion auf Hochschul-Niveau, sondern eher als ganz normales Gespräch „über den Zaun“, wie unter Nachbarinnen und Nachbarn. So wie einem „der Schnabel gewachsen ist“.

In vielen Bereichen der Gesellschaft gibt es Konflikte. Menschen bilden sich Meinungen – und auch Vorurteile. Und suchen nach Bestätigung dafür, dass sie damit richtig liegen. Sich Kritik daran, auch entgegengesetzte Meinungen anzuhören, fällt schwer, ist aber wichtig, um sich wirklich ein eigenes Bild zu machen, statt sich von einseitigen Sichtweisen beeinflussen zu lassen.

Die Mehrheit in unserer Gesellschaft steht hinter unseren Werten von Menschenwürde, Freiheit und Demokratie. Aber wir sollten auch mit denen im Gespräch bleiben, die diese in Frage stellen, aus Unzufriedenheit mit den krassen Veränderungen in unserer Zeit, mit der scheinbaren Inkompetenz unserer Regierenden im Umgang mit den aktuellen Krisen und mit der gefühlten einseitigen Berichterstattung der Medien. Wenn der PalaverPlatz es schafft, solche Gespräche zu ermöglichen, wäre viel erreicht.

Streiten ist etwas Gutes!

In der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Debatte wird oft kritisiert, dass zu wenig produktiv gestritten wird, besonders bei Themen wie Einwanderung und Klimapolitik. Die Philosophin und Autorin Svenja Flaßpöhler wirft in ihrem neuen Buch „Streiten“ ein Schlaglicht auf die Bedeutung von Streit als notwendiges Mittel zur Weiterentwicklung von Gesellschaften.

Wir brauchen den Streit, damit Ordnungen in Bewegung kommen und nicht erstarren,

Philosophin und Autorin Svenja Flaßpöhler in SRW Kultur

Die Philosophin unterscheidet zwischen Gegnerschaft und Feindschaft:

Wer Feindschaft verhindern will, muss Gegnerschaft zulassen.

Svenja Flaßpöhler

Gegner werden schnell zu Feinden. In der aktuellen medialen Landschaft – auch in der ARD – sieht sie jedoch ein Problem, da oft versucht werde, abweichende Meinungen zu unterdrücken. „Es wird schnell jemand zum Feind erklärt, wenn er eine unpopuläre Meinung vertritt“, kritisiert sie.

Für Flaßpöhler ist es entscheidend, dass der Streit mit fairen Mitteln geführt wird, ähnlich wie im Sport: „Wir müssen verbal kämpfen, aber mit fairen Mitteln.“ Ihr Plädoyer: Mehr Streitkultur zulassen, um auch in schwierigen Zeiten Wege für Verständigung und Fortschritt zu finden.

(Thema auch im Podcast von Lanz & Precht „Gegner statt Feind: Warum wir mehr streiten sollten“)

Nicht belehren, sondern zum Überdenken der eigenen Meinung anregen

Michel Friedmann hat in einem Interview beim rbb zu seinem Buch „Judenhass“ das Grundproblem beschrieben, das zu Antisemitismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit führt. Danach machen sich Menschen als Kind die Vorurteile der Erwachsenen zu eigen, um im Leben zurecht zu kommen. Wichtig ist, Menschen möglichst früh – in der Schule und danach am besten lebenslang – ein Instrumentarium an die Hand zu geben, diese Vorurteile zu hinterfragen und eine eigene Position zu erlangen, unabhängig davon, was einem von anderen gesagt wird. 

Das Gespräch darf nicht abreißen!

Um auf die Entwicklung hin zu rechtspopulistischen und vereinfachenden politischen Sichtweisen einzuwirken, gibt es zwei wichtige Aufgaben:

  1. Wir müssen öffentlich und klar – z. B. auf Demos – zum Ausdruck bringen, wie wichtig uns der Erhalt unserer Demokratie ist und wie sehr wir demokratiefeindliche Strömungen und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ablehnen.
  2. Wir müssen Menschen, die solchen Strömungen folgen, zuhören, sie ernst nehmen, mit ihnen sprechen. Aber dann auch mit deutlichen Gegenargumenten begegnen, um ihnen klar zu machen, wo sie ihre Meinung hinterfragen sollten.

Solange uns die Menschlichkeit miteinander verbindet, ist es völlig egal, was uns trennt.

Ernst Ferstl, österreichischer Lehrer und Schriftsteller

In jedem Fall ist das Gespräch die Grundlage für alles.

Inspiriert haben mich die Town Hall Debates bzw. Initiativen in den USA wie „Braver Angels“ oder „Living Room Conversations“, die den Versuch unternehmen, unversöhnliche Gruppen (in dem Fall Republikanerinnen und Demokratinnen) an einen Tisch zu bringen, um ihr gegenseitiges Verständnis – zumindest auf der menschlichen Ebene – zu fördern.

Interessant sind zum Beispiel diese Initiativen:

Town Hall Meetings / Town Hall Debates / Living Room Conversations

Bei den von Freiwilligen organisierten Diskussionsrunden in den USA kommen Bürgerinnen und Bürger zusammen, um Fragen zu politischen Themen zu diskutieren und mit Vertreter*innen beider Parteien zu sprechen.

Als Fachleute, die Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund zusammenbringen – oft als „Brückenbauer“ bezeichnet – sehen wir nicht jeden Tag die polarisierten Extreme. Wir sehen Hoffnung und Optimismus.

USA Today – Die toxische Polarisierung vergiftet Amerika.

Braver Angels (früher Better Angels)

Die Mitwirkenden dieser Organisation, die sich darauf spezialisiert hat, den politischen Dialog zu fördern und die politische Polarisation zu verringern, organisieren Workshops und Veranstaltungen, bei denen Republikaner und Demokraten miteinander ins Gespräch kommen können, um Vorurteile abzubauen und Verständnis füreinander zu schaffen.

Schließen Sie sich unserer Legion von Amerikanern an, die glauben, dass der Kampf zur Rettung unserer Nation mit einem Waffenstillstand unter uns beginnt.

Wir laden Sie ein, Mitglied von Amerikas größter Organisation zu werden, die Konservative und Progressive gleichberechtigt zusammenbringt, um unsere Unterschiede zu verstehen, Gemeinsamkeiten zu finden, wo sie bestehen, und dem Land, das wir alle lieben, zu helfen, einen besseren Weg zu finden.

Braver Angels